Ein Mensch, der fühlt sich riesig stark,
verpraßt glatt 35 Deutsche Mark.
Tanzend, fahrend, kaufend, saufend ?
Nein: Orientierungslaufend.
Er wirbt erst einmal in der Bekanntschaft
zur Begleitung sich'ne Mannschaft,
der Damen holt gleich zwei er ran:
nun stimmt die Regel (er ist alter Mann).
In Heyda die Teutonen sind notiert.
Man findet alles bestens arrangiert:
Zum letzten Posten an der Ecke von dem Fußballfeld
sind Zelten, Baden, Parken, Duschen zugesellt.
Am Samstag 9 Uhr gibt's Bewegung:
Es reißt der Läufer A mit viel Erregung
an seinem Platz beim Start die Karte von der Leine,
und waldwärts sieht man wirbeln 2 mal 80 Beine.
Dann wird umsorgt man 24 Stunden:
durch Ansag' derer, die zurückgefunden,
durch Karten long und easy, difficult und short.
Selbst Eierkuchen wird gebacken frisch vor Ort,
mit Pommes, Kaffee, Obst gemischt im Magen
wird fröhlich er zum Wald getragen;
und wenn nach Rückkehr innen etwas drückt,
mit Toilettenhäuschen ist man gut bestückt.
Die Sonne scheint, als wäre sie bestellt.
Gen Abend dann ein wenig Regen fällt.
Nach Twilight geht es über in die Nacht,
die's Postenfinden reichlich schwierig macht.
Die Läufer warten länger fertig schon am Start.
Manch Flackerlicht sie näherkommend narrt:
Es sind nur Ostseeflitzer oder Vehrtes Echte.
Der nächste dann? Nein, wieder nicht der Rechte!
Doch endlich melden / leuchten sie die richt'ge Nummer,
vorbei sind Frust und Wartekummer,
mit Handschlag geht's zur Kartenselektion
und dann folgt aller Sehnsucht reicher Lohn:
Man darf nun Schneisen laufen, Bäche queren,
im Kormpaßhalten sich auch nachts bewähren,
Höhn erklimmen, Löcher finden, schnell erkennen,
zwischendurch auch länger Umweg rennen,
bis endlich weit voraus das Ziel ertönt und -scheint,
man mit den Teamgefährten sich vereint,
Von denen muß der nächste kräftig hetzen,
die eigne miese Zeit nun wieder auszuwetzen.
Am Aushang gibt die "letzte Liste" Kunde
vom Zwischenstand nach jeder neuen Runde:
Vom sind die Füchse, Käfer, Fohlen, Schnecken.
Zur Mitte hin, kann man entdecken
die Elchbrigade, Sexyhoppers und die Ren(n)egaten.
Das Null-Bock-Team ist mehr ans End geraten,
ganz hinten folgt noch ( ohne Saft und Kraft ?)
das Team der Quedlinburger Wissenschaft.
Nachdem man wechsel- / streckenhaft sich orientiert,
steht man verschwitzt und nackt vorm Zelt und friert
und schlüpft hinein und spürt geschwind:
Belebend, eine Wonne die Soldatenduschen sind.
Und ganz erfrischt genießt man dann die Nacht.
Was war's, das einen hergebracht?
Könnt man Kollegen in der fernen Stadt erklären,
welch Triebe wohl die tiefe Ursach wären?
Noch ungelöst bleibt heute dies Problem.
Und ist's im Zelt auch nicht bequem,
so fällt gleich Schlaf auf müde Lider -
warum nur weckt man mich schon wieder?
Sieh an, es tagt. Nur noch vier Stunden.
Wie teilt man am besten auf die Runden?
Vergebens sucht man nun die kleinen Strecken,
muß zu viel difficult und long entdecken.
Gleichviel, nun ist es bald vollbracht.
Um 9 Uhr wird dann Schluß gemacht,
wer dann noch kommt, der nicht mehr zählt,
und hat er sich auch noch so sehr gequält.
Noch immer kann man nicht nach Haus,
sie rücken doch die Karten nur heraus,
nachdem die Ungarn, Deutschen, Alten erst geehrt -
dem letzten Team sogar das widerfährt.
Was fast nie glückt, die Feier hat Kulisse,
vergessen Mühsal, Regen, Kratzer, Risse,
besonders dankbar muß man aber sein
dem Jenaer Unisportverein.
Erstaunlich, was er alles hat bedacht
von T-Shirts, Infos, Lichtern in der Nacht,
den Kuchen, Tee, Musik und Rettungsflieger
und vielerlei Geschenken für die Sieger.
Die Karten von dem Lauf sind schnell verteilt.
Doch als man nun nach Hause enteilt,
da gibt's schon Team- und Siegerliste
auf die man meist 4 Wochen warten müßte!
Nun gleitet unser Mensch der Heimat zu,
fürwahr, die liebe Seele hat jetzt Ruh,
6 Starts und 40 Kilometer in den Beinen,
selbst ihm genug zu seien scheinen.
Stets, wenn das Fahren es erlaubt,
im Geist erneut er zu erleben glaubt
wie fern er schon den Posten leuchten sah,
wie's Loch versteckt, dem er schon war so nah,
wie er den Eingang nicht fand zu der Lichtung
und noch danach verwechselte die Richtung,
doch auch, wie er zur Senke hingezogen,
exakt wie an 'ner Schnur gezogen.
Wenn's ihm auch heut nicht widerfahren,
weil viel zu lang die Zeiten waren,
vielleicht als Obersenior wird er mal geehrt,
wenn ständig er zu'n 24 Stunden fährt.
Bielefeld, den 11.5.94
Es dankt ein Teutone