Um es vorwegzunehmen: auch diesmal wurde kein neuer Zeit-Rekord aufgestellt. So sehr
sich die 81 Staffeln (neuer Rekord; bisher 80) auch mühten - die 24 Stunden waren auch
diesmal erst am Sonntag, 9.00 Uhr zu Ende.
Doch in diesen 24 Stunden und davor passierte so einiges.
Die Thüringer Organisatoren hatten für die 10. Auflage des 24-Stunden-OL ein Waldgebiet
nördlich von Jena rund um das Observatorium Tautenburg ausgewählt. Mischwald mit zuweilen üppigem
Unterbewuchs, ein Hochplateau mit steil abfallenden Hängen und tiefen Tälern.
Als Zentralort war das Gelände um das Observatorium gesichert (sprich: vom Chef der "Sterngucke"
zugesagt) worden ... Leider wurde der dann von einem neuen Direktor abgelöst, der von den Absprachen
nichts wissen wollte. Dank des unbürokratischen Handelns des Bürgermeisters von Tautenburg wurde das
Wettkampfzentrum kurzerhand mitten in den Ort verlegt. Zugegeben: es war schon ganz schön eng beim
Zelten, aber man kommt sich so auch näher; spätestens beim Tanz oder am Bier-Tresen.
Das Regelwerk des 24-Stunden-OL ist kurz und unkompliziert. Es gibt keinen Vereinszwang und so finden
sich OLer zu Staffeln zusammen, die eben "gut miteinander können". Jede Staffel stellt sich ihre
eigenen Ziele: die einen wollen gewinnen, die anderen nur Spaß haben, das "Bier-OL-Team" will die
"Ritter-Runkel-Staffel" schlagen. Die spätere Siegerstaffel erhöht ihre Chancen durch den "Einkauf'
eines Nordlichtes. Einige wollen nur die Schönsten sein ("Die Hausfrauen").
Wie immer startet dieser Wettbewerb Samstag, 9 Uhr. Diesmal sind die Wechsel besonders interessant,
liegt doch der Endposten mitten im Ort und wird aus allen Richtungen angelaufen, zuweilen haben
Gartenbesitzer und Ausrichter etwas zu kämpfen mit übereifrigen Zaunkletterern, aber ein paar Verwarnungen
und Rundenstreichungen für die Betreffenden bringen Disziplin. Die zunächst etwas feuchte Witterung
macht neben den Läufern auch dem Veranstalter zu schaffen: die Computeranlage streikt...
Das Geschehen wogt auf und ab, die Zwischenwertungen (nach Anzahl der Wechsel) zeigen mal diese, mal
jene Staffel vom. "Wenigstens am Anfang einmal führen", also erst mal die kurzen und leichten Bahnen
laufen, das ist die Devise vieler Staffeln. Aber nicht der Leistungsstärksten: die laufen üblicherweise erst die langen schweren Bahnen und handeln sich so durchaus 1..2 Wechsel Rückstand ein. Aber: man hat schließlich seine Erfahrungen ...
Erfahrungen der unangenehmen Art mußten Läufer und Veranstalter machen: Posten verschwinden, man
munkelt, Jugendliche aus der Umgebung ... ?
Am späten Nachmittag wird klar, daß die Bahnen diesmal wohl zu lang/schwer sind und das die theoretisch
möglichen 37 Wechsel bei weitem verfehlt werden, also wird die Taktik bei vielen umgestellt:
"Long difficult nicht mehr anfassen!!!" Die Dämmerung wird für 20.30 Uhr angeordnet. Da es aber doch
noch recht hell ist, wagen sich einige ohne Lampe auf die Dämmerungsbahnen ... Und stolpern dann
gewaltig durch den dunklen Laubwald. Die Nacht ist stockdunkel, die Bahnen recht schwer. Von den
Tagbahnen gewarnt, läuft kaum eine Staffel die Long-Difficult-Bahnen. Selbst die besten Staffeln
hoffen, diese Bahnen erst in der Morgendämmerung laufen zu müssen. Bei einigen Läufern geben die Lampen
ihren Geist auf, aber man fragt sich so durch...
Schade, daß wieder einige Posten verschwinden! Aus Lage der Postenstandorte und Zeitpunkt des
Verschwindens muß allerdings geschlußfolgert werden, daß das "schwarze Schaf' in unseren eigenen Reihen
zu suchen ist, leider!!!
Am Morgen kommt wieder Spannung auf. Wird der USV TU Dresden seinen Vorsprung vor den Ungarn halten
können und wie weit kommt der USC Leipzig noch nach vom? Wird nun Ritter-Runkel das Bier-OL-Team
schlagen oder umgekehrt? Nun: Dresden wirft 100 kg Ballast ab und gewinnt sicher, Leipzig bekommt
eines fehlenden Postens wegen einen Wechsel gestrichen und wird "nur" 4. Das Ritter-Runkel kommt mit
dem Bier-OL-Team Arm-in-Arm ins Ziel.
Und was sonst noch passierte?
Also: der Eierkuchenbackrekord wurde verbessert auf über 1300 (trotz Stromausfall), rund 1000 Thüringer
Rostbratwürste wurden verzehrt, der USC Leipzig gewinnt den Kulturwettstreit und die einzige rein w
eiblich besetzte Staffel (`Die Sex Hausfrauen`) werden als "Schönste Staffel" geehrt.
Übrigens: Im Terminkalender 1996 wird man vergeblich nach dem Thüringer 24-Stunden-OL suchen. Nach 10 Jahren
24-Stunden-OL gönnen sich die Veranstalter eine Pause.
Aber 1997 geht's weiter...